Frau mit Neugeborenem
Urheberrecht: in Lizenz von Alena Ozerova – stock.adobe.com

Kinder? Ja, vielleicht irgendwann – Expertentipps zur Familienplanung

Kinder gehören für viele Menschen fest zum eigenen Lebensentwurf. Doch wann ist der richtige Zeitpunkt für Nachwuchs? Was tun, wenn es nicht gleich funktioniert? Was, wenn die richtige Partnerin oder der richtige Partner auf sich warten lässt?

Rund um das Thema Kinderwunsch ranken sich unzählige Fragen. Viele Kinderlose fühlen sich mit diesen allein gelassen und haben Scheu, darüber mit anderen zu sprechen. Noch immer gilt ein unerfüllter Kinderwunsch als Tabu. Dabei betrifft er eine größere Gruppe, als man vermuten mag: Jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ist ungewollt kinderlos. 


Inzwischen kann mit neuesten medizinischen Methoden und Erkenntnissen vielen geholfen werden – aber leider längst nicht allen. Um sich möglichst alle Optionen für die Zukunft offen zu halten, ist es wichtig, sich rechtzeitig zu informieren. 


Der Gynäkologe und Reproduktionsmediziner Dr. Gernot Kommetter vom TFP Kinderwunschzentrum in Klagenfurt gibt einfache Tipps, wie sich jeder dem Thema Familienplanung annähern kann:


Sich über die eigenen Wünsche klar werden und die Zukunft planen

Optimalerweise sollte man in einer Partnerschaft vor dem 30. Lebensjahr das Kinderwunschthema thematisieren.  

Frauen mit Kinderwunsch, egal ob in einer Partnerschaft oder Single, sollten mit ihrer Gynäkologin bzw. ihrem Gynäkologen über ihre Optionen sprechen und ihre Fertilitätschancen einschätzen lassen. Dazu gehört die Ermittlung wichtiger Parameter wie der Eierstockreserve (sogenannter AMH-Wert) oder das Ausschließen einschränkender Faktoren wie z.B. einer Endometriose.

Zuvor sollten sich Frauen natürlich mit dem eigenen Zyklus vertraut machen und herausfinden, wann ihre fruchtbaren Tage sind. Dazu gibt es inzwischen viele verschiedene Hilfsmittel für den Hausgebrauch wie z.B. Urintests, die Temperaturmessmethode oder spezielle Zyklus-Apps.


Kinderwunsch mit persönlichem Lebensentwurf und Fertilitätschancen abstimmen

In Österreich entscheiden sich die Menschen aus unterschiedlichsten Gründen immer später für ein Kind. Das Alter der Erstgebärenden liegt derzeit bei etwa 31 Jahren. Aus rein medizinischer Sicht ist das bereits am Ende des optimalen Zeitfensters von ca. 20 bis etwa 30 Jahren. Die weibliche Fruchtbarkeit erreicht ihren Höhepunkt mit Mitte Zwanzig. Bereits ab Ende der Zwanziger nimmt sie von Jahr für Jahr ab und sinkt ab Mitte 30 noch einmal deutlich. 


Welchen immensen Einfluss das Alter auf die eigene Fertilität hat, sollten sich alle Kinderwünschenden bewusst sein. So können sie die einzelnen Faktoren für sich abwägen und eine informierte Entscheidung treffen.


Bei Problemen rechtzeitig fachkundige Unterstützung suchen

Zwei bis sechs Monate dauert es normalerweise, bis sich bei Paaren ohne eingeschränkte Fertilität eine Schwangerschaft einstellt. Wenn nach zwölf Monaten regelmäßigem Sex an den fruchtbaren Tagen keine Schwangerschaft eintritt, ist es ratsam, spezielle Kinderwunschmediziner aufzusuchen. Denn: Die Chance, spontan schwanger zu werden, beträgt in diesem Fall pro Zyklus nur noch etwa zwei Prozent. Ab dem 35.Lebensjahr ist es mitunter bereits ratsam, schon nach sechs Monaten fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Richtige Ansprechpartner dafür sind die Kinderwunschspezialisten, auch Reproduktionsmediziner genannt. Das sind Gynäkologinnen und Gynäkologen, die sich auf dieses Fachgebiet spezialisiert und zusätzliche Qualifikationen erworben haben. Sie sind meist in einer Kinderwunschpraxis oder -klinik ansässig. 


Einen für sich passenden Spezialisten finden und sich dort über Therapieoptionen informieren

Kinderwunschspezialisten verfügen über ein breites Repertoire an Behandlungsmöglichkeiten: Je nach Ausgangslage kann bereits ein reines Überwachen des Zyklus (Monitoring) und optimiertes Timing des Geschlechtsverkehrs oder auch eine Inseminationsbehandlung mit oder ohne hormonelle Stimulation genügen. Darüber hinaus können die klassischen sogenannten künstlichen Befruchtungsmethoden mittels IVF- oder ICSI-Methode angewendet werden. Alle Therapieoptionen werden sehr individuell und auf Basis der jeweiligen Vorgeschichte und Befunde in der Kinderwunschsprechstunde besprochen, sowie folgend ein Therapieplan erstellt. 

Bei diesem sensiblen Thema ist es zudem zentral, dass auch die “weichen” Faktoren stimmen. Optimal ist es, wenn bereits im allerersten Gespräch eine Vertrauensbasis zwischen Ärztin bzw. Arzt und den Patienten entsteht. Paare und Singles sollten das Gefühl haben, dass in Ruhe alle Fragen zur eigenen Situation nachvollziehbar und verständlich beantwortet werden. Wichtig ist, dass die Ärztin oder der Arzt im weiteren Verlauf stets als der erste Ansprechpartner erreichbar ist und als Begleiter in einer insgesamt emotional herausfordernden Phase zur Seite steht.


Dr. med. Michael Rettl

Dr. med. Michael Rettl

Facharzt für Gynäkologie, IVF-Experte und Ärztlicher Leiter