Kinder mit Behinderung
Urheberrecht: in Lizenz von Svitlana – stock.adobe.com

Schule für Kinder mit Behinderung in Kärnten

Mein Kind hat eine Behinderung und wird schulreif - was jetzt? Dieser Artikel erklärt die Situation im Bundesland Kärnten.

Schulische Inklusion


Das Konzept der schulischen Inklusion bedeutet, dass Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam in einer Klasse/Schule unterrichtet werden. Sonderbeschulungen entsprechen nicht dem Prinzip der Inklusion.


Was bedeutet das für die Zukunft der Sonderschulen?


Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) sieht vor, dass Sonderschulen zukünftig zur Ausnahme werden sollen. Ziel ist es, Kinder mit Behinderung nicht mehr in Sonderschulen, sondern mittelfristig in Inklusionsklassen zu unterrichten. Als ersten Schritt in diese Richtung hat man in Kärntner Regelschulen so genannte „kooperative Kleinklassen“ eingerichtet. Eine „kooperative Kleinklasse“ kann man sich als eine Art Kleinklasse, in der ausschließlich Schüler mit unterschiedlichen Behinderungsarten und -formen unterrichtet werden, vorstellen. Im Schulalltag werden verschiedene Kooperationen mit den anderen Kindern aus den Regelklassen gemacht, wie z. B. gemeinsame Schulveranstaltungen und Projektunterricht.


Kindern entsteht durch die Schließung von Sonderschulen kein Nachteil, weil es an Schulen mit „kooperativen Kleinklassen“ neben der inklusiven Nachmittagsbetreuung grundsätzlich auch kostenlose Therapieangebote, wie zum Beispiel Physio- und Ergotherapie sowie Logopädie, gibt.


Zurückstellung vom Schulbesuch?


Für jene Kinder, die bis zum 31. August eines Jahres sechs Jahre alt geworden sind, beginnt mit dem zweiten Montag im September die allgemeine Schulpflicht. Schulpflichtige Kinder müssen von den Erziehungsberechtigten bei der zuständigen Volksschule angemeldet werden (Einschreibung). Für die Schuleinschreibung gibt es Einschreibfristen, die von der zuständigen Bildungsdirektion öffentlich bekannt gemacht werden.


Achtung!

Diese Fristen enden häufig schon zu Beginn des Kalenderjahres, in dem die Schulpflicht beginnt; bitte erkundigen Sie sich diesbezüglich bei der Bildungsdirektion für Kärnten.


Wenn im Rahmen der Schuleinschreibung Bedenken bezüglich der Schulreife vorhanden sind, ist ein Verfahren zur Überprüfung der Schulreife einzuleiten, in welchem erforderlichenfalls ein schulärztliches Gutachten und – mit Zustimmung der Eltern – auch ein schulpsychologisches Gutachten eingeholt wird. Die Entscheidung, ob das Kind schulreif ist, trifft der Schulleiter. Gegen die Entscheidung können Eltern einen Widerspruch bei der Bildungsdirektion für Kärnten

einbringen. Schulpflichtige Kinder, die nicht schulreif sind, werden vom Schulbesuch nicht zurückgestellt, sondern sie besuchen entweder eine Vorschulklasse, wenn eine solche an der Schule geführt wird, oder sie werden innerhalb der ersten Klasse als Vorschulkinder nach dem Lehrplan der Vorschulstufe unterrichtet. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, einen Antrag auf häuslichen Unterricht zu stellen.


Sonderpädagogischer Förderbedarf


Sonderpädagogischer Förderbedarf bedeutet, dass ein Kind je nach Art und Schwere seiner Behinderung Förderung durch spezielle Maßnahmen braucht. In Frage kommen dabei zum Beispiel:


• Anwendung eines anderen Lehrplans

• Spezielle Lehrmittel oder Lehrmethoden

• Zusätzliche Lehrer

• Bauliche Veränderungen

• Hilfsmittel oder Möbel


Wenn ein Kind zwar schulfähig ist, aber dem Unterricht aufgrund physischer oder psychischer Behinderung ohne Unterstützung nicht oder nicht ausreichend folgen kann, dann muss das Vorliegen eines sonderpädagogischen Förderbedarfs geprüft werden. Eine entsprechende Prüfung ist auch schon vor Beginn der Schulpflicht möglich, wenn die Voraussetzungen für den sonderpädagogischen Förderbedarf voraussichtlich erfüllt sind. Das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs kann auf Antrag der Eltern, der Schule oder von Amts wegen eingeleitet werden. Zuständige Behörde ist die Bildungsdirektion für Kärnten.


Gibt es die Möglichkeit die Pflichtschulzeit zu verlängern?


Wer die 9-jährige Schulpflicht bereits erfüllt hat, aber über keinen positiven Pflichtschulabschluss verfügt, ist berechtigt, ein freiwilliges 10. Schuljahr zu absolvieren. Nach der gelebten Praxis der Schulbehörde in Kärnten besteht aber für jedes Kind die Möglichkeit, ein freiwilliges 10. Schuljahr zu machen. Darüber hinaus können Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an einer Regelschule oder an einer Sonderschule ein freiwilliges 11. und 12. Schuljahr absolvieren, wenn die betroffene Schule, der Schulerhalter und die Bildungsdirektion für Kärnten einverstanden sind.


Assistenzleistungen in der Schule


Beim Unterricht schwerstbehinderter Kinder hat die betroffene Schule für die Bereitstellung von Hilfspersonal für pflegerisch helfende Tätigkeiten Sorge zu tragen. Diese Betreuungspersonen haben grundsätzlich die Aufgabe, schwerstbehinderte Schüler bei jenen Tätigkeiten in der Schule zu unterstützen, die sie auf Grund der Behinderung nicht selbst durchführen können, wie zum Beispiel Hilfestellung bei der körperlichen Hygiene, Unterstützung bei der Mobilität und beim Toilettengang.

Darüber hinaus gibt es für Kinder und Jugendliche mit Autismusspektrumstörung (ASS), insbesondere mit diagnostiziertem Asperger Syndrom oder mit hochfunktionalem Autismus die Möglichkeit, Schulassistenz für den Bereich der Interaktion und Kommunikation in Anspruch zu nehmen.


Schon beim ersten Kontakt mit der Schule (Schuleinschreibung) kann auf die Notwendigkeit zusätzlicher Unterstützung hingewiesen werden. Die Inanspruchnahme der Assistenzleistungen setzt die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs voraus (siehe Punkt 3. in diesem Kapitel). Für die Ermittlung des Bedarfs und des Umfangs von Assistenzleistungen ist der jeweilige Schulerhalter unter Bedachtnahme der Feststellungen der Bildungsdirektion zuständig. Während der Unterrichtszeit erfolgen die Assistenzleistungen für die Schüler kostenlos.


Welche Unterstützungsleistungen gibt es noch?


Ein besonderes Angebot ist die Mobile Lernförderung der Ambulanten Erziehungshilfe (AEH) der AVS. Dieses spezielle Angebot gilt für alle Kinder, die aufgrund eines sonderpädagogischen Förderbedarfs eine über die Schule hinausgehende Förderung benötigen. Die Anmeldung für die Mobile Lernförderung erfolgt entweder über die Fachbereichsleitung der AVS oder über die Bezirkshauptmannschaften bzw. Magistrate Klagenfurt am Wörthersee und Villach.


Der Hilfsmittelpool der Ambulanten Erziehungshilfe (AEH) der AVS umfasst technische, therapeutische und pädagogische Hilfsmittel wie zum Beispiel Computerausstattungen, Software, Braillezeilen, Tafellesesysteme oder PERTRA Spielsatz. Diese werden Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigungen an den Kinderbetreuungseinrichtungen, Pflichtschulen und Horten auf Antrag leihweise zur Verfügung gestellt.


Aus der 3. Auflage der AMB-Informationsbroschüre der Anwaltschaft für Menschen mit Behinderung


Mag. Isabella Scheiflinger

Mag. Isabella Scheiflinger

Anwältin für Menschen mit Behinderung

Amt der Kärntner Landesregierung


Die „An ...

Mehr Artikel von Mag. Isabella Scheiflinger